Coronavirus und Großveranstaltungen in Verbundgruppen
Alles vorbei im Mai?
Der Coronavirus wirft bereits seine Schatten auf die bald beginnende Saison der Jahres-Veranstaltungen. Zahlreiche Verbundgruppen stehen daher aktuell vor der Frage: Wie gehe ich mit den Folgen dieses Flächen-Phänomens um? Sage ich meine Veranstaltung ab, verschiebe ich oder lasse ich den Dingen zunächst Ihren Lauf? Die Beantwortung dieser Fragen ist nicht ganz profan, berücksichtigt man die mit der Vorbereitung von Veranstaltungen verbundenen Kosten für Location, Catering und Hotel. Auf der anderen Seite drohen ggfls. Schadenersatzforderungen von Gästen und Ausstellern, sollte die Veranstaltung nicht stattfinden.
Entscheidungsträger in Verbundgruppen sollten daher die wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Kriterien kennen, um Kostenfallen und Imageschäden weitestgehend zu vermeiden und gute Kontakte mit Geschäftspartnern weiter zu erhalten.
FRAGEN & ANTWORTEN aus dem Webinar
Könnten Sie bitte den Hotelvertrag nochmals näher erläutern? U. E. ist die Hotelleistung doch weiterhin möglich, insbesondere, da sie unabhängig von Ihrer Veranstaltung (in anderer Location) ist.
In unserem Vortrag bezogen wir uns auf zwei Konstellationen: Zum einem das Hotel als Veranstaltungsort, zum anderen das Hotel als Übernachtungsmöglichkeit für die Gäste.
Im ersten Fall ist zu prüfen, ob Unmöglichkeit aufgrund höherer Gewalt vorliegt. Bei behördlichen Absagen ist dies gegeben, bei anderen Fällen ist entsprechend zu prüfen. Bezogen auf das Hotel als Übernachtungsmöglichkeit der Gäste stimmen wir -derzeit – noch überein: Hier ist der Übernachtungsvertrag in der Tat noch nicht unmöglich, es gelten die Hotel-AGB sowie das Vertragsrecht. Dies könnte sich jedoch ändern, sollten Behörden auch den Hotelbetrieb einstellen. In einem solchen Fall läge höhere Gewalt vor.
Gelten diese Einschätzungen auch für Veranstaltungen im Ausland?
Grundsätzlich ist der Grundsatz der höheren Gewalt auch im Internationalen Privatrecht anerkannt. Falls Sie Ihr Event im Ausland durchführen, ist zunächst zu prüfen, welches Vertragsrecht (Deutsches oder das des Events vor Ort) anwendbar ist. Auch hier sind die AGB des Veranstalters / der Eventlocation zu beachten. Im Zweifel müsste ein Fachanwalt für das gegebene Land mandatiert werden, um abschließend das Risiko abzuschätzen. Auch in einem solchen Fall raten wir jedoch zum Kontakt mit dem Hotel / der Eventlocation, um ggf. eine gütliche Einigung zu erreichen.
Gemäß unserer Statuten muss eine Gesellschafterversammlung durchgeführt werden (in einem bestimmten Zeitraum) - was ist im Falle einer Absage dann gesellschaftsrechtlich zu tun?
Die Satzungs- bzw. ordnungsgemäße Durchführung einer Gesellschafterversammlung vermeidet die Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen. Die geltenden Formvorschriften sollten deshalb grds. eingehalten werden. In Zeiten der Corona-Krise stehen jedoch auch diese Veranstaltungen vor dem Problem der Durchführbarkeit (behördliche Untersagung von Veranstaltungen, behördliche Errichtung von Sperrgebieten, eigene Sorge um das Wohl der Teilnehmer bzw. eine ausreichende Teilnahme). Sollten Ihre Statute einen regelmäßigen Turnus für Gesellschafterversammlungen vorsehen, so bestünden grds. drei Optionen:
a) Gesellschafterversammlung trotzdem durchführen,
b) Termin verlegen oder
c) eine virtuelle Gesellschafterversammlung durchführen.
Grundsätzlich gilt: Eine Abstimmung mit den Gesellschaftern, wie weiter vorgegangen werden sollte, ist in jedem Fall der richtige Weg.
Zu a): Vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse, den Aussagen der Bundesregierung und der Reaktion vieler lokaler Behörden, sind bereits zum heutigen Stand (Montag, 16.03.2020) viele Gesellschafterversammlungen faktisch nicht durchführbar. Andere Veranstaltungen drohen, in der nächsten Zukunft abgesagt zu werden. Es besteht der Grundsatz im Gesellschaftsrecht, dass die Partizipation der Gesellschafter erhalten bleiben soll. Aus diesem Grund ist eine Verlegung der Gesellschafterversammlung oder eine virtuelle Gesellschafterversammlung ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
Zu b) und c): Auch wenn die Statuen einen festen Turnus vorsehen oder gar eine Präsenzveranstaltung vorschreiben, gehen wir davon aus, dass die Verlegung oder die virtuelle Durchführung der Veranstaltung zu keiner Anfechtbarkeit der dann (auf der verschobenen oder virtuellen) Gesellschafterversammlung zur Folge hat; Gerichtlich anerkannt ist nämlich auch ein Ausschluss der Anfechtbarkeit der Gesellschafterbeschlüsse in den Fällen, in denen durch den Formfehler gerade die Partizipation der Gesellschafter gewährleistet werden sollte.
Prüfen Sie dennoch das Vorliegen dieser Voraussetzungen im Einzelfall und ziehen Sie ggf. rechtlichen Rat hinzu.
Gibt es eine "Corona Klausel" für künftige Verträge mit Hotels, Locations etc.?
Zur Wiederholung: Die aktuelle Situation wird in vielen Fällen die Annahme von höherer Gewalt zulassen. Das Entfallen der Leistungsverpflichtungen sowie die daraus folgende Rückabwicklung der Verträge kann daher auch ohne eine entsprechende Folge ausgelöst werden. Viele Hotelverträge beinhalten bereits eine Klausel für höhere Gewalt. Eine AGB-Klausel für Fälle der höheren Gewalt könnte beinhalten, in welchen Fällen zweifelsfrei von dem Vorliegen höherer Gewalt ausgegangen wird. Dies könnte Ihre Beweislast erleichtern. Es hängt hingegen von Ihren individuellen Vorstellungen ab, in welchen Fällen die Klausel greifen soll. Eine allgemeine Klausel ist daher schwer für alle Fälle zu erstellen und sollte mit einem Rechtsanwalt formuliert werden.
Ist es ggf. sinnvoll, mit der "eigenen Absage" noch etwas zu warten, da für die Veranstaltung mit 250 internationalen Gästen noch eine behördliche Absage erlassen wird?
Dies würde Sinn machen, da Sie – ausweislich der AGB des Veranstalters – bereits ein hohes Kostenrisiko in Form der Zahlung von Stornogebühren zu tragen haben. Ggf. sind aber auch hier die individuellen Fristen zu prüfen.
Wenn wir eine Veranstaltung selber absagen und somit Stornogebühren zahlen müssen, werden diese nachträglich durch eine Behördliche Absage geheilt? - Sprich: Die Stornogebühren entfallen dann automatisch?
Mit einer Kündigung der Veranstaltung haben Sie zunächst eine wirksame Willenserklärung abgegeben. Die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen, insb. die Zahlungspflicht im Hinblick auf die Stornokosten ist damit verbindlich. An dieser Einschätzung ändert auch die spätere behördliche Untersagung von Veranstaltungen nichts. Denn es kommt u.E. nach hier für die rechtliche Bewertung auf den Zeitpunkt der Abgabe bzw. des Zugangs Ihrer Kündigung an. Zu diesem Zeitpunkt bestand noch keine Möglichkeit, sich auf höhere Gewalt zu berufen. Nichtsdestotrotz würde ich den Versuch unternehmen, so zu argumentieren, dass die Durchführung der Veranstaltung aufgrund der behördlichen Untersagung ohnehin unmöglich geworden ist und Sie daher nicht bereit sind, Storno-Kosten zu tragen. Außerdem könnten Sie anbringen, dass die Hotel-Storno-AGB unwirksam, zumindest aber die Berufung darauf unzulässig ist, denn das Hotel hätte die Veranstaltung nicht durchführen dürfen. Vielleicht können Sie sich an dieser Stelle mit dem Vertragspartner verständigen.
Wir haben für eine große Messe Zimmer reserviert. Diese Messe wurde verschoben. Die Zimmer kostenlos umgebucht. Wenn die Messe jetzt doch abgesagt wird bekomme ich meine 80% Anzahlung wieder? Oder muss ich beweisen das ich die Zimmer für die Messe gebucht habe?
Dies hängt zum einem davon ab, welche Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Umbuchung mit dem Hotel / der Eventlokation getroffen wurden und was in den AGB steht. Die Umbuchung als solche löst hingegen keine speziellen Rechtsfolgen aus.
Wir haben Seminare mit rund 10-20 Personen in den kommenden Wochen. Sollen wir dazu die Behörde einschalten und eigenständig anhand der Checkliste abwägen, ob wir dieses Seminar durchführen oder nicht?
Eine eigenständige Prüfung anhand der Checkliste sollte für ALLE Veranstaltungen – gleich welcher Größe – vorgenommen werden. Da es sich um eine Vielzahl organisatorisch gleicher Seminare handelt, sollten Sie in jedem Fall die Behörde hinzuziehen.
Gehe ich zur "behördlichen Abklärung" auf das Ordnungs- oder Gesundheitsamt zu?
Zuständig ist das Gesundheitsamt.
Wie wirken sich die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auf die dargestellten Sphären aus?
Nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) können Verträge nachträglich angepasst werden, wenn sich die Umstände, auf denen die Verträge basieren, verändert haben und den Parteien das Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Ist eine solche Anpassung des Vertrages nicht durchführbar, kann der Vertrag auch beendet werden. Bei dem Wegfall der Geschäftsgrundlage handelt es sich allerdings um eine Ausnahmevorschrift, die von Gerichten eher restriktiv gehandhabt wird. § 313 BGB würde auch im Fall von höherer Gewalt greifen. Dann ergibt sich die Rechtsfolge (Leistungsbefreiung, Rückabwicklung, Ausschluss von Schadensersatz) hingegen bereits aus dem allgemeinen Vertragsrecht.